ICH

betrachte die Dinge aus einer schrägen Ebene, um sie gerade zu sehen.

Die Kinder sind formbar, beweglich, unbestimmt, sie nehmen ihre Umgebung in sich auf und reproduzieren sie.

Durch die Umsetzung der Dinge in Terrakotta entsteht für mich eine neue Realität.

Edgar Grubich zu den Skulpturen

von Christine Mayr

Sie kommen irgendwie kindlich daher, aber auch als Gezeichnete, zum Erwachsensein Gedrängte, Gezwungene.
Da ein embryonaler Greis, dort ein freches Kind, das die Zunge zeigt.
Die Gestalten stehen, sitzen, hocken, klettern an Wänden hoch und drücken Widersprüchliches aus:
Erstaunen, Erschrecken, Spott, Weisheit, Gelassenheit, Erlösung…
Mayrs Skulpturen enthalten auch autobiographische Elemente.
In zahlreichen Gesichtern kommt ihr eigenes zum Vorschein.
Manche sind mehr, manche weniger bekleidet, viele nackt.
Die Bemalungen erinnern an ägyptische Grabskulpturen.

Obwohl die Körper sehr realistisch gestaltet sind,
haftet ihnen, in dem Mayr Gliedmaßen häufig ungewöhnlich dreht
oder dehnt, etwas Gequältes an.
Körper und Physiognomie ergeben mitunter eine Disharmonie,
die eine groteske Spannung erzeugt, wenn beispielsweise junge Körper erfahrene Gesichter tragen.
Männlich, weiblich, androgyn – unwichtig.
Allgemein menschliche Erfahrungen und Zustände kennen kein Geschlecht.

Manchmal deutet Mayr Glücksmomente an, wenn sie Paare darstellt.
In Vereinigungspositionen vermitteln sie eine zaghafte Vorstellung, dass sie möglich wären.
Meist wird dieser Eindruck als Illusion entlarvt, konterkariert
durch die Mimik der Beteiligten.

Wenn man alle Objekte überblickt, tritt eine innere Unschuld zutage, mitunter auch durch die farblichen Elemente symbolisiert,
die als eine Art von unbestimmter Hoffnung den Skulpturen
eine anziehende Lebendigkeit verleiht.

Edgar Grubich, 4.Sept.2005

Meredith Luhrs zu den Zeichnungen

von Christine Mayr

Die Zeichnungen von Christine Mayr fesseln dich. Sie lassen dich nicht los, du kehrst zu ihnen zurück, weil du sie näher betrachten musst.
Du starrst in eine Welt, in der allgemein bekannte Zustände,
die normalerweise fein säuberlich zugedeckt sind, sichtbar werden.

Die Zeichnungen gleichen Ausgrabungen. Sie dringen unter die Oberfläche der frühen Kindheit. Sie kratzen an der Fassade der Jugend. Sie decken die Wurzeln von sozialer und sexueller Angst
mit kühnen, detailreichen Beobachtungen auf.

Mayr sammelte Beobachtungen außerhalb des Mainstreams
der allgemeinen Wahrnehmung unseres modernen Zeitalters: Trennungsschmerz, Verlassenheit und die einsame Suche nach der eigenen Identität. Mit ihren Themen tastet sie nach gültigen, stichhaltigen Erfahrungen. Sie porträtiert das Ringen um Selbsterfahrung, indem sie die Geheimnisse des „Eigenen“
und des „Anderen“ erforscht. Wenn sie Verwirrung ausdrückt,
ist es auch  u n s e r e  Verwirrung.
Ihr Suchen ist auch  u n s e r  Suchen.

Die farbigen Bleistiftzeichnungen zeigen – hier ist technische Intelligenz am Werk. Die Farben bilden die Grundlage für die Bilder,
die Linien und Striche sind starke beschreibende Elemente.
Mayr bleibt im Rahmen der dem Medium innewohnenden Bildsprache. Jedes Bild ist ein vollständiger Ausdruck seiner selbst.
Durch die klare Gestaltung mit vielfältigen und reichhaltigen graphischen Elementen können Mayrs Zeichnungen überall
in der Welt verstanden werden.

Meredith Luhrs, 2005

Christine Mayr

AMBIVALENZEN

Die Annäherung an die Vielschichtigkeit der menschlichen Existenz als Thema von Christine Mayr.

Der Kontakt zu jungen Erwachsenen ist der berufliche Alltag – und so häufig Ausgangspunkt für Ideenreisen.
Die Mehrschichtigkeit der Zeichnungen und Skulpturen – oft ineinander verwobene Gestalten – zeigen:

Bild – Wunschbild – Zerrbild
Inneres und Äußeres
Aktivität  und Passivität
Sinnlichkeit und Verklemmtheit
Fröhliches und Lebendiges
Undurchdringlichkeit und Transparenz

und das alles zugleich in einer Person.

Christine Mayr, 14. September 2006